KMU

Wie steht es um die Schweizer Wirtschaft? Konjunkturprognosen und die Aussichten für KMU

Die globale Wirtschaftslage hält weiterhin herausfordernde Zeiten für Schweizer KMU bereit. Wie sind die Aussichten konkret und wie können kleine und mittelgrosse Unternehmen reagieren? An den drei KMU-Abenden der BEKB im Oktober 2024 diskutierten Prof. Dr. Aymo Brunetti, Ökonom und Professor am volkswirtschaftlichen Institut der Universität Bern, sowie Expertinnen und Experten der BEKB über genau diese Themen. Wir haben die wichtigsten Erkenntnisse für Sie in diesem Beitrag zusammengefasst.

Wie ist die aktuelle Konjunkturlage in der Schweiz und weltweit?

COVID-19 wirkt bis heute auf die Weltwirtschaft nach. Die Pandemie sorgte 2020 für einen markanten Einbruch der globalen Wirtschaftsleistung. Allerdings war nicht jede Region gleich stark betroffen: Während sich die Schweiz und die USA vergleichsweise robust zeigten, fiel das Bruttoinlandprodukt (BIP) im Euroraum oder Grossbritannien stark in die Tiefe.

Zwar hat sich die Wirtschaft mittlerweile fast überall von diesem Schock erholt. Dennoch sind die Folgen weiterhin spürbar: «Die Wachstumsraten von vor der Krise werden derzeit nicht erreicht», so Prof. Dr. Aymo Brunetti, Professor am volkswirtschaftlichen Institut der Universität Bern.

Z.V. von Universität Bern. Die Wirtschaft wächst in der Schweiz und weltweit langsamer als vor der Pandemie.

Ein ähnliches Bild zeigt der Einkaufsmanagerindex (PMI), der monatlich die Einschätzungen von über 400 Einkaufsmanagerinnen und -managern abbildet, unter anderem zur Auftragslage und den Einkaufspreisen. «Während der Pandemie 2020 gab es einen starken Rückgang, ab 2021 folgte, unterstützt durch Konjunkturpakete, die Erholung», erklärt Aymo Brunetti. «Seit Mitte 2022 haben sich die Bedingungen besonders in Europa und den USA jedoch wieder verschlechtert. Hauptursachen sind der Ukraine-Krieg und die erhöhte Inflation.»

Staatsverschuldung: Das Sorgenkind für die Konjunktur

Eine weitere Folge der Pandemie ist der weltweite Anstieg der Staatsverschuldung. Die Ausgaben zur Bekämpfung von COVID-19 und die Konjunkturmassnahmen sorgten in vielen Ländern für hohe Haushaltsdefizite.

Die Krise hat hier einen langfristigen Trend verstärkt. Denn die Staatsschulden – und damit auch die Belastung der Staatshaushalte durch die Zinszahlungen – nehmen weltweit seit Jahrzehnten immer weiter zu. Hier zeigt sich ein grosser Unterschied zwischen den USA und der Schweiz. Während die Schulden der Vereinigten Staaten weiterhin stark wachsen dürften, ist die Eidgenossenschaft als schuldenarmes Land eine löbliche Ausnahme im internationalen Vergleich. 
Ausruhen kann sich die Schweiz aber nicht: «Die implizite Staatsverschuldung inklusive Verpflichtungen ist sehr hoch und die Finanzpläne zeigen zurzeit steigende strukturelle Defizite», sagt Volkswirtschaftsprofessor Brunetti.

Z.V. von Universität Bern. Die Schweiz ist bei den Staatsschulden die grosse Ausnahme.

Schweizer Konjunktur trotzt der Inflation und höheren Leitzinsen

Neben der Staatsverschuldung schossen auch die Inflationsraten als Folge der Pandemie in die Höhe – und das weltweit. Die Zentralbanken reagierten mit starken und schnellen Leitzinserhöhungen. Das zeigte Wirkung: Mittlerweile ist die Inflationsrate vielerorts wieder gesunken. Hierzulande dürfte sie 2024 noch knapp über 1% betragen.

Auch in dieser Situation zeigt sich die Resilienz der Schweizer Wirtschaft. Die Inflationsraten blieben stets weit unter den Werten im Euroraum und in den Vereinigten Staaten. «Ein wichtiger Grund ist der Schweizer Franken», erklärt Aymo Brunetti. «Er hat sich nominal gegenüber dem Euro und US-Dollar aufgewertet, bleibt aber inflationsbereinigt stabil.»

Konjunkturprognose 2025 – moderates Wachstum in der Schweiz, Deutschland und den USA zu erwarten

Bei den wirtschaftlichen Aussichten für die Schweiz ist vorsichtiger Optimismus angebracht. Wichtige Konjunkturindikatoren zeigen für 2024 eine leichte Verbesserung im Vergleich zum Vorjahr. Insgesamt wird ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,2% erwartet. «Im Jahr 2025 dürfte das Wachstum auf rund 1,5% steigen» prognostiziert der Experte. Dabei werde neben dem soliden Privatkonsum vor allem das Wachstum bei den Ausrüstungsinvestitionen von Unternehmen ein wichtiger Treiber sein.

Auch global stehen die Zeichen auf Wachstum. Der internationale Währungsfonds (IMF) rechnet mit einem Anstieg des globalen BIP um 3,3%. Allerdings dürften die Wachstumsraten in wichtigen Absatzmärkten für Schweizer KMU wie den USA, Deutschland sowie der gesamten Eurozone deutlich hinter dem weltweiten Durchschnitt bleiben.

«Für 2025 erwarten wir ein stärkeres Wirtschaftswachstum.»

Noëmi Capelli, Ökonomin BEKB

Nächstes Jahr erwarten wir, dass die Schweiz sich in eine frühe Erholung bewegt – die Talsohle sollte unserer Meinung nach erreicht sein. Mit der tieferen Inflation, Zinssenkungen sowie einem Anstieg der Aufträge im Industriesektor stehen die Chancen gut, dass sich die konjunkturelle Stimmung verbessert.

Was bedeutet das für KMU?

Die grosse Frage ist natürlich: Was sind die Folgen für Unternehmen in der Region und wie können sie reagieren? BEKB-Ökonomin Noëmi Capelli ordnet die Lage ein.

Wie ist die Stimmung bei den KMU im Wirtschaftsraum Bern aktuell?

Ich würde die Stimmung als unterschiedlich beurteilen. Für die einzelnen Unternehmen ist die Situation sehr unterschiedlich. Das zeigt bereits ein Blick in die Industriebranche. Auf der einen Seite können Betriebe im Pharma- und Chemiesektor starke Umsatzzahlen vorweisen. Gleichzeitig bekunden KMU in der Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie oder in der Uhrenbranche Schwierigkeiten, weil die Nachfrage aus China und der Eurozone sehr schwach ist und der Franken im Vergleich zum Euro stark bleiben dürfte.

Im Dienstleistungsbereich zeigt sich ein ähnlich heterogenes Bild. Während der Detailhandel schwächelt, insbesondere die Autoverkäufe, weist der Tourismus im Berner Oberland historisch hohe Übernachtungszahlen auf.

Wie sieht es in den internationalen Märkten aus?

Exportorientierte Unternehmen müssen weiterhin einige Risiken beachten. Wichtige Absatzmärkte wie Deutschland und China kämpfen mit konjunkturellen Problemen. So ist in Deutschland etwa der private Konsum sehr tief, obwohl die Löhne steigen. Zudem bereiten unter anderem die aufwändige Bürokratie, der Fachkräftemangel und ein Investitionsstau bei der Infrastruktur der Wirtschaft Sorgen.

Auch in China ist der schwächelnde Privatkonsum ein wichtiges Thema. Dazu kommen die Immobilienkrise und die Tatsache, dass weniger Geld von ausländischen Investorinnen und Investoren ins Land kommt.

Nicht zuletzt bleibt der starke Franken eine Herausforderung für einheimische KMU. Die geopolitischen Unsicherheiten, die höhere Inflation im Ausland und Zinsdifferenzen könnten die Währung zudem weiter aufwerten.

Wie entwickeln sich die Zinsen für Unternehmen? Was können wir erwarten?

Die aktuelle Situation mit einer inversen Zinskurve bleibt vorderhand bestehen. Die Zinslage sollte sich jedoch wieder normalisieren – wir gehen davon aus, dass dies über einen Anstieg der langfristigen Zinsen erfolgt. Diese dürften ab 2025 noch oben tendieren. Unternehmen, die sich Gedanken über eine langfristige Finanzierung machen, können daher unserer Meinung nach aktuell von vorteilhaften Konditionen profitieren.

Wir gehen zurzeit davon aus, dass der SNB-Leitzins per Ende 2024 bei 0,75% liegt und auch im Jahr 2025 so bleiben dürfte. Eine schwächere als erwartete konjunkturelle Entwicklung und eine stärkere als erwartet Aufwertung des Schweizer Franken könnten jedoch weitere Zinssenkungen (Zinsprognosen BEKB) erfordern.

Portraitbild Dominique Iseli

«Wir legen viel Wert auf Nähe und persönlichen Kontakt»

Dominique Iseli, Leiter Firmenkunden BEKB

Bei jedem Anliegen unserer KMU-Kundschaft stehen wir schnell und kompetent zur Seite. Egal ob es ums Tagesgeschäft, um langfristige Investitionen oder um die Unternehmensnachfolge geht.

Was bewegt unsere KMU aktuell?

Dominique Iseli, Leiter Firmenkunden bei der BEKB, steht regelmässig im direkten Kontakt mit unseren Kundinnen und Kunden. Er ordnet ein, was die Unternehmen in der aktuellen Lage beschäftigt.

Welche Themen sind im Fokus der Unternehmen?

Im vierten Quartal 2024 steht die Budgetierung für das nächste Geschäftsjahr an. Die langfristige Planung ist derzeit aber eine grosse Herausforderung. Wir hören von vielen Unternehmerinnen und Finanzchefs, dass sie momentan viel Flexibilität an den Tag legen, und vermehrt auf eine rollende Planung setzen müssen.

Zugleich hat, speziell für Unternehmen in schwächelnden Märkten, die Bewirtschaftung der eigenen Liquidität hohe Priorität. In diesem Umfeld versuchen Abnehmer häufiger, die Zahlungen so spät wie möglich zu tätigen, während Lieferantinnen ihre Forderungen sehr pünktlich einfordern.

Als dritten Punkt gilt es zu erwähnen, dass der Mangel an qualifiziertem Personal eine Herausforderung für viele KMU ist und bleibt. Denn: Fachkräfte sind weiterhin ein knappes Gut in der Schweiz und gleichzeitig ein Schlüssel für den Erfolg vieler Unternehmen.

Wie unterstützt die BEKB die regionalen Unternehmen?

Die Bedürfnisse der KMU sind so individuell wie die Unternehmen selbst. Aus diesem Grund legen wir viel Wert auf die Nähe und den persönlichen Kontakt zu unseren Kundinnen und Kunden, um die richtigen Lösungen für sie zu finden.

Wir unterstützen die Unternehmen einerseits im Tagesgeschäft, unter anderem bei der Liquiditätsbewirtschaftung, mit passenden Absicherungslösungen sowie den Dienstleistungen unseres internen Devisenhandels und der hauseigenen Trade-Finance-Abteilung.

Andererseits stehen wir den KMU sowie den Unternehmerinnen und Unternehmern selbst auch bei längerfristigen Bedürfnissen zur Seite. Zum Beispiel mit Finanzierungen für Investitionen in Maschinen, Sachwerte oder Immobilien, die das künftige Wachstum des Unternehmens stützen. 

In den letzten Jahren haben wir darüber hinaus unseren Fokus auf die Beratung und Dienstleistungen rund um die Regelung der Nachfolge im Betrieb gelegt. Denn die Nachfolge ist ein Schlüsselmoment in vielen Betrieben, bei dem unzählige Fragestellungen zusammenkommen.

Unsere ausgewiesenen Nachfolgeexperten unterstützen die Kundinnen und Kunden deshalb im ganzen Prozess individuell, zudem bietet unser Wealth-Planning-Team alle wichtigen Dienstleistungen rund um die Finanzplanung, steuerliche Fragen und mehr aus einer Hand. Darüber hinaus sind wir auch mit Spezialisten ausserhalb der BEKB bestens vernetzt. So können wir die Kundinnen und Kunden vom ersten Schritt bis zur erfolgreichen Weitergabe des Geschäfts begleiten.

Wagen wir einen Blick in die Zukunft – wie steht es um die Investitionsbereitschaft der lokalen KMU?

Die Investitionsbereitschaft der Unternehmen hängt stark von der erwarteten wirtschaftlichen Entwicklung ab. Viele Investitionen wurden in der jüngeren Vergangenheit redimensioniert oder nach hinten verschoben. Mit positiveren Wirtschaftsaussichten dürfte hier mehr Dynamik entstehen.

Wie bereits erwähnt, mehren sich derzeit die Anzeichen einer gewissen Erholung. Wir haben also die Talsohle erreicht und es geht nicht mehr weiter runter. Das ist die gute Nachricht, speziell für KMU, die im Moment, auf Berndeutsch gesagt, «biisse». Aber die Lage bleibt anspruchsvoll, denn bis die steigende Nachfrage in der Erfolgsrechnung ankommt, dauert es eine Weile.

Aber ich bin zuversichtlich. Denn was mich persönlich in den vielen Jahren, in denen ich die KMU-Welt aus nächster Nähe verfolge, immer wieder beeindruckt: Unsere KMU sind enorm anpassungsfähig und die Unternehmerinnen und Unternehmer sind Kämpfernaturen.

Haben Sie Fragen zum Thema?

Wünschen Sie einen Austausch zu Ihrer individuellen Situation und möchten besprechen, was die wirtschaftliche Lage für Auswirkungen auf Ihr Unternehmen hat? Wir stehen Ihnen gerne in einem persönlichen Gespräch zur Seite.

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Impressionen vom KMU-Abend in Biel

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