Anlegen

Was bedeuten die US-Wahlen für die Börsen?

Wenn die USA eine neue Präsidentin oder einen neuen Präsidenten wählen, sollten auch Anlegerinnen und Anleger genau hinschauen. Denn das Resultat beeinflusst auch die Börsen. Worauf gilt es zu achten und wie könnte sich die Wahl konkret auf die Schweizer Wirtschaft auswirken? Einschätzungen des langjährigen Börsenjournalisten und Wall-Street-Experten Jens Korte.

Eines ist klar: So verrückt wie 2024 waren die Präsidentschaftswahlen in den USA noch selten. Nach dem verpatzten TV-Duell von Joe Biden und den Bildern von Trumps erhobener Faust nach dem Attentat schienen die Demokraten keine Chance mehr zu haben. Doch dann erklärte Biden seinen Rückzug. Seine Vizepräsidentin Kamala Harris übernahm als Kandidatin der Demokraten, und plötzlich war das Rennen wieder völlig offen.

Ein Blick auf die US-Wahl lohnt sich auch aus der Schweiz. Denn der Ausgang der Wahl wird die US-Wirtschaft beeinflussen, was auch hierzulande Konsequenzen für die Börse und die Unternehmen nach sich ziehen kann.

«So verrückt waren die US-Wahlen noch selten.»

Jens Korte, Börsenkorrespondent New York

Jens Korte berichtet seit über 20 Jahren von der Wall Street in New York über die US-Wirtschaft und die Entwicklungen an der Börse. In dieser Zeit hat er die Höhen und Tiefen der Märkte direkt miterlebt – vom Dotcom-Boom über die globale Finanzkrise bis hin zu den Marktverwerfungen durch die COVID-19-Pandemie.

Die Wirtschaft ist entscheidend für die US-Präsidentschaftswahl

Wer die Wahl gewinnt, dürfte sich vor allem nach der wirtschaftlichen Gesamtlage entscheiden. Auf den ersten Blick scheinen das positive Nachrichten für die Demokraten zu sein. Die US-amerikanische Wirtschaft präsentiert sich im Jahr 2024 gut:

  • Im zweiten Quartal verbuchte das Land ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von soliden 2,8 Prozent.
  • Die Arbeitslosenquote befand sich über Monate auf dem tiefsten Stand seit Ende der 60er-Jahre. Zuletzt zog die Quote zwar an, aber historisch betrachtet ist der aktuelle Wert von 4,3 Prozent noch sehr moderat.
  • Die Wall Street stellte zahlreiche neue Rekorde auf, beispielsweise kletterte der Dow-Jones-Index auf einen neuen Allzeit-Höchststand.
  • Selbst der Goldpreis übersprang erstmals in der Geschichte 2500 Dollar pro Feinunze.

Kommt die positive Wirtschaftslage in den USA auch bei der Bevölkerung an?

Anders als die Schweiz lebt die USA nicht vom Handel, sondern in erster Linie von der Inlandsnachfrage. Entsprechend wichtig ist die Stimmungslage der Konsumentinnen und Konsumenten für die Wirtschaft.

Und nicht für alle Bürgerinnen und Bürger der USA ist die Situation rosig. In den vergangenen Monaten hat der Inflationsdruck etwas nachgelassen, aber die Preise für Wohnen, Versicherungen, Autos oder Lebensmittel sind heute deutlich höher als 2020.

Und das sind die Vergleiche, welche die Amerikanerinnen und Amerikaner anstellen: «Geht es mir heute besser als vor vier Jahren?» Einige Wählerinnen und Wähler werden diese Frage mit Nein beantworten.

Das kann grossen Einfluss auf das Wahlergebnis haben. Denn die Entscheidung fällt in einigen wenigen Staaten, den sogenannten «Swing States» Wisconsin, Michigan, Pennsylvania, North Carolina, Georgia, Arizona und Nevada.

Und in diesen zählt jede einzelne Stimme. Im Jahr 2016 reichten Donald Trump wenige Tausend Stimmen, um sich dort gegen Hillary Clinton durchzusetzen. Und 2020 genügte Joe Biden ebenfalls eine hauchdünne Mehrheit zum Sieg und dem Einzug ins Weisse Haus.

Unsere Anlageberatung

Wünschen Sie eine persönliche Beratung rund um für Sie relevante Anlagethemen? Unsere Finanzcoaches sind gerne für Sie da.  

Beratungsgespräch vereinbaren

Wie dürfte die Wirtschaft auf einen Sieg von Trump oder Harris bei den US-Wahlen reagieren?

Die US-Wirtschaft bevorzugt bei Präsidentschaftswahlen in der Regel republikanische Kandidaten. In der Tendenz neigt die Wall Street in Richtung Republikaner. Die Aussicht auf Steuersenkungen und weniger Regulierungen hatte etwa 2017 zu Trumps erster Amtszeit die Kurse angekurbelt. Auf der anderen Seite könnten die von Trump geplanten höheren Zölle inflationstreibend wirken.

Kamala Harris dagegen hat in ihrem Wahlkampf an Punkten angesetzt, welche die Kosten für die Bürgerinnen und Bürger drücken sollen – etwa auf dem Immobilienmarkt oder im Gesundheitssektor. So sollen beispielsweise die Preise für Insulin gedeckelt werden. Sollte die US-Regierung probieren, insgesamt Druck auf die Medikamentenpreise auszuüben, könnte das auch Konsequenzen für die Schweizer Pharmaunternehmen haben.

Auf die Handelsbeziehungen zwischen der Schweiz und den USA müsse der Wahlausgang allerdings keine negativen Folgen haben. In den vergangenen Jahrzehnten zeigte sich für die Wirtschaftsbeziehungen mit den USA vor allem eines: Der Handel wurde stetig ausgebaut – egal, ob der Präsident Obama, Trump oder Biden hiess.

Was heisst die US-Wahl für Anlegerinnen und Anleger in der Schweiz?

Grundsätzlich sollte die Präsidentschaftswahl nicht überbewertet werden.
Denn für die Wall Street und die US-Wirtschaft sind auch die Mehrheitsverhältnisse im Kongress wichtig. Ohne den Kongress im Rücken sind die Möglichkeiten einer Präsidentin oder eines Präsidenten beschränkt.

Wie sich die Wirtschaft und damit verbunden die Wall Street entwickeln, hängt zudem auch von anderen Faktoren als der Politik ab. Dass die US-Wirtschaft trotz Pandemie und Inflation so rund läuft, liegt vor allem auch an billionenschweren Hilfsprogrammen.

Im ersten Jahr einer Präsidentschaft erfolgen meist die unpopulärsten Massnahmen. Das Jahr 2025 könnte deshalb besonders herausfordernd werden – unabhängig davon, wer am 5. November das Rennen macht.

Aus diesem Grund rate ich Anlegerinnen und Anlegern zu einer etwas defensiveren Strategie. In der Tendenz würde ich ihnen empfehlen, dort anzulegen, wo sie sich am besten auskennen. Und das wäre für die meisten Kundinnen und Kunden der BEKB voraussichtlich die Schweiz. Aber klar, bei Themen wie Big Tech, KI oder Biotech führt an der Wall Street kein Weg vorbei.

3 Fragen an Jens Korte

Nvidia oder Tesla?

«Ich bin kein Fan von Elon Musk, deshalb würde ich NVDA den Vorzug geben. Wobei schon weiterhin sehr viel richtig laufen muss, um die hohen Kurse zu rechtfertigen.»

ETF oder Bluechip?

«Das ist ein grosses und abendfüllendes Thema. Nur so viel: Ich habe keine ETFs.»

FED oder EZB?

«No hard feelings – aber die Musik spielt diesseits des Atlantiks, deshalb ganz klar Fed!»

Was sind Aktien?

Aktien bieten hohe Renditechancen, unterliegen aber auch Verlustrisiken und Kursschwankungen. Erfahren Sie, was genau Aktien sind und wie Sie langfristig profitieren können.

Mehr erfahren

Verfolgen Sie die Börse schon aktiv?

Mit den Anlagepublikationen unseres Asset Management-Teams und den Marktberichten aus unserem Handelszentrum erhalten Sie aktuelle Informationen und Einschätzungen zu den Finanzmärkten. Damit Sie fundierte Anlageentscheidungen treffen können.

Newsletter abonnieren

Breadcrumb Navigation | Title

  1. Home
  2. Blog
  3. Anlegen
  4. US Wahlen 2024