Nachhaltigkeit

Hypotheken – unser Weg zu Netto-Null

Die Berner Kantonalbank hat als eine der ersten Schweizer Banken Klimaziele für das Hypothekarportfolio festgelegt: Bis 2030 sollen die Treibhausgase der Wohnliegenschaften um 45 Prozent und diejenigen der Gewerbegebäude um 35 Prozent reduziert werden. Doch wie realistisch ist die Umsetzung dieser Ziele? Und was bedeuten sie für Kundinnen und Kunden? Ein Gespräch mit Michelle Unternährer, Fachspezialistin Nachhaltigkeit und Silvan Herrmann, Fachspezialist Kreditmanagement.

Die BEKB hat kürzlich Klimaziele für das Hypothekarportfolio veröffentlicht. Warum braucht es diese Ziele? 

MU: Die wissenschaftsbasierten Klimaziele helfen uns, gezielte Massnahmen zur Treibhausgasreduktion abzuleiten und somit unseren Teil zur Einhaltung des Pariser Klimaabkommens zu leisten. Bei der BEKB wollen wir langfristig und verantwortungsbewusst handeln. Deshalb sind wir 2022 als eine der ersten Schweizer Banken der Net-Zero Banking Alliance der UNO beigetreten und haben uns verpflichtet, unsere Kredit- und Anlageportfolios bis spätestens 2050 auf Netto-Null-Emissionen auszurichten. 

SH: Mit unseren Klimazielen leisten wir einen Beitrag zu den Klimazielen des Bundes und des Kantons Bern. Die Schweiz hat sich ebenfalls ein Netto-Null-Ziel bis 2050 gesetzt. Dies wurde in der Abstimmung zum Klima- und Innovationsgesetz im Juni 2023 von der Schweizer Bevölkerung bestätigt. Der Kanton Bern hat bereits 2021 in der Verfassung das Zielbild der Klimaneutralität bis 2050 verankert.

Als verantwortungsvolles Unternehmen wollen wir die negativen Auswirkungen unserer Geschäftstätigkeit auf die Umwelt so weit wie möglich minimieren. Dabei spielen insbesondere die finanzierten Emissionen eine wichtige Rolle.

Silvan Herrmann Fachspezialist Kreditmanagement, BEKB

Würde es nicht ausreichen, die CO2-Emissionen im eigenen Betrieb zu senken, um das Netto-Null-Ziel der Schweiz bzw. des Kantons zu unterstützen? 

SH: Die BEKB will die negativen Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf die Umwelt so weit wie möglich minimieren. Dabei spielen insbesondere die finanzierten Emissionen – die durch Kredite und Investitionen finanzierten Treibhausgasemissionen – eine wichtige Rolle. Gemäss einem Bericht der Non-Profit-Organisation Carbon Disclosure Project (CDP) liegen die finanzierten Emissionen von Finanzinstituten im Durchschnitt mehr als 700-mal höher als ihre direkten Emissionen. Dies zeigt, dass der Hebel bei den finanzierten Emissionen viel grösser ist und diese daher im Fokus stehen sollten.

Warum wurden nur Ziele für das Hypothekarportfolio festgelegt?

SH: Das Hypothekarportfolio der BEKB hat mit einem Volumen von rund 25 Milliarden Franken einen Anteil von über 90 Prozent am Kreditportfolio. Somit fokussieren wir uns auf unser Kerngeschäft und gleichzeitig auf den wesentlichsten emissionsintensiven Teil von unserem Kreditportfolio.

MU: In der Schweiz ist der Gebäudesektor für etwa einen Drittel der CO2-Emissionen und 40 Prozent des Energieverbrauchs verantwortlich. Die Umgestaltung des Schweizer Gebäudebestands ist deshalb ein massgebender Bestandteil des schweizerischen Netto-Null-Ziels.

In Bezug auf den energetischen Zustand der Wohngebäude in der Schweiz bestehen grosse Wissenslücken: Über den Zeitpunkt und den Umfang von bisherigen Sanierungen stehen derzeit keine Daten zur Verfügung. Wie ist es für die BEKB möglich, die CO2-Emissionen ihrer finanzierten Liegenschaften zu berechnen und daraus Klimaziele abzuleiten?

SH: Die BEKB erfasst schon seit mehreren Jahren relevante Informationen zu den finanzierten Liegenschaften. Mit dem Gebäude- und Wohnungsregister stehen nun zusätzlich noch öffentliche Informationen für alle Liegenschaften der Schweiz zur Verfügung. Was uns fehlt sind Daten zum tatsächlichen Energieverbrauch. Deshalb basieren die Berechnungen auf einer Mischung von erfassten Informationen zum Gebäude und statistischen Schätzungen zum Verbrauch.

Bis 2030 will die BEKB die CO2-Emissionen der Wohnliegenschaften mit Klimazielen bis 2030 um 45 Prozent reduzieren und diejenigen der übrigen Liegenschaften um 35 Prozent. Ist das realistisch?

MU: Die Ziele sind ambitioniert, aber sie sind wissenschaftsbasiert und orientieren sich an dem Weg, den wir als Gesellschaft einschlagen müssen, wenn wir bis 2050 Netto-Null erreichen wollen. Wenn wir bis zum Jahr 2049 warten würden und erst dann alle emissionsintensiven Gebäude sanieren würden, hätten wir unser CO2-Budget längst überschritten. Deshalb ist es wichtig, Zwischenziele festzulegen und die CO2-Emissionen so rasch wie möglich schrittweise zu reduzieren.

SH: Wir sehen in unseren Daten, dass unsere Kundinnen und Kunden die Liegenschaften sanieren. Mit gezielten Massnahmen wollen wir zusätzlich auf energetische Sanierungen aufmerksam machen und mit innovativen Produkten die Transformation stärker fördern. Das “Ja” bei der Abstimmung zum Klima- und Innovationsgesetz im Juni 2023 wird zusätzlich noch energetische Sanierungen fördern.

Als Bank möchten wir Kundinnen und Kunden sensibilisieren, ihnen sinnvolle Möglichkeiten und Netzwerke aufzeigen und sie bei der Transformation zu einer energieeffizienten Liegenschaft unterstützen.

Michelle Unternährer Fachspezialistin Nachhaltigkeit, BEKB

Mit welchen Massnahmen will die BEKB das erreichen?

MU: Als Bank können und wollen wir unseren Beitrag dazu leisten, indem wir Kundinnen und Kunden sensibilisieren, ihnen sinnvolle Möglichkeiten und Netzwerke aufzeigen und sie bei der Transformation zu einer energieeffizienten Liegenschaft unterstützen und begleiten. Der Entscheid liegt letztlich bei den Kundinnen und Kunden und wird von verschiedensten Faktoren, zum Beispiel finanzielle Möglichkeiten, Förderprogramme und steuerliche Aspekte beeinflusst.

SH: Bei der BEKB werden Aspekte der energetischen Sanierung im Rahmen von Finanzgesprächen thematisiert. Mit myky steht den Finanzcoaches ab 2024 ein Tool zur Verfügung, mit dem die energetische Sanierung in die Finanzplanung einfliessen kann. Unterstützend dazu sind Produkte und Dienstleistungen wie zum Beispiel die Renovationshypothek Eco, welche weiter ausgebaut werden können. Bis in einem Jahr werden wir einen konkreten Transitionsplan erarbeiten, in dem wir aufzeigen, welche Massnahmen wir einsetzen und wie wir die Kundenbedürfnisse noch besser abdecken können.

Verzichtet die BEKB nun auf die Finanzierung von Liegenschaften mit fossilen Heizungssystemen? 

MU: Nein, wir wollen unsere Kundinnen und Kunden unterstützen und begleiten, ihre Liegenschaften energieeffizient zu machen und auf erneuerbare Heizungssysteme umzustellen. Wenn wir einfach aufhören, Liegenschaften mit Ölheizungen zu finanzieren, können wir keine positiven Anreize für die Transformation setzen und Veränderungen in der Realwirtschaft herbeiführen. Es ist durchaus vorstellbar, dass zukünftig die Finanzierung von Immobilien mit fossilen Heizsystemen an bestimmte Bedingungen geknüpft wird.

Gibt es zukünftig bei der BEKB auch Klimaziele für Unternehmenskredite?

SH: Die BEKB evaluiert die Möglichkeit weiterer Klimaziele. Aufgrund der hohen Anzahl an KMU im Portfolio der BEKB sind spezifische Emissionsdaten bisher kaum vorhanden. Dies macht die Berechnung der finanzierten Emissionen und die Ableitung von Klimazielen schwierig. Wir sind bestrebt, die Datenqualität durch den direkten Austausch mit unseren Kundinnen und Kunden zu verbessern und diese – wo möglich – bei der Transformation in Richtung mehr Nachhaltigkeit zu unterstützen. Wie das genau passieren kann, klären wir ab.

Wie sieht es bei den Anlagefonds aus?

MU: Die BEKB legt die Emissionskennzahlen der eigenen Anlagen sowie der BEKB-Fonds ebenfalls offen, obwohl die Net-Zero Banking Alliance dies nicht verpflichtend vorschreibt. Die Klimazielsetzung im Anlagebereich fokussiert auf andere Mechanismen, um die Transformation in Richtung Netto-Null zu beschleunigen. Auch hier wird eine sinnvolle Klimazielsetzung evaluiert.

Wo liegen eurer Meinung nach die grössten Herausforderungen für die BEKB, um das Netto-Null Ziel zu erreichen?

MU: Um unsere Ziele zu erreichen, wird es eine Vielzahl an Massnahmen benötigen, welche von regulatorischen Vorschriften über finanzielle Anreize bis zur Unterstützung und Informierung der Liegenschaftsbesitzer gehen. Ambitionierte Nachhaltigkeitsziele sind nur erreichbar, wenn alle Akteurinnen und Akteure einer Gesellschaft ihren Beitrag leisten und Verantwortung übernehmen. Nachhaltigkeit geht nur im Kollektiv. Die grösste Herausforderung liegt demnach darin, dass wirklich alle die Dringlichkeit einsehen und die Betroffenheit spüren, um auch ins Handeln zu gelangen.

Publikationsdatum: 14.09.2023

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