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«Legen Sie nicht alle Eier in einen Korb»

Wer Geld anlegt, möchte eine ansprechende Rendite bei ebensolchem Risiko. Das Zauberwort heisst «Diversifikation». Doch was bedeutet das genau – und wie diversifiziert man ein Portfolio am besten? Das Interview mit Simon Lazzara, Senior Investment Advisor im Asset Management der BEKB.

Simon Lazzara, angenommen ich möchte 30'000 Schweizer Franken investieren. Wie finde ich die Anlage, die sich längerfristig auszahlt?

Zentral ist sicher erst einmal, die Beziehung von Risiko und Rendite zu verstehen. Wer viel riskiert, kann viel gewinnen – aber auch mehr verlieren. Wer wenig riskiert, kann wenig verlieren – dafür ist auch seine mögliche Rendite sehr beschränkt. Beim Investieren gilt es also, den eigenen goldenen Mittelweg mit soliden Wertanlagen zu finden – abhängig von der persönlichen Risikotoleranz, der Renditelust und des Anlagehorizontes. Das fühlt sich dann einerseits stimmig an – und wird sich längerfristig auszahlen.

Wer mit Anlageexperten spricht, hört in den ersten paar Minuten das Wort «Diversifikation». Ist das der Wegweiser für den «goldenen Mittelweg»?

Diversifikation bedeutet eine breite Streuung des angelegten Geldes auf verschiedene Anlageklassen – und auch Streuung innerhalb einer Anlageklasse. Ziel der Diversifikation ist es, bei gleichbleibenden Renditechancen die eigenen Risiken zu verringern – oder aber bei gegebenem Risikoprofil höhere Renditen zu erwirtschaften. Der Volksmund würde sagen, man solle «nicht alle Eier ins selbe Körbchen legen». 

Beim Investieren gilt es, den eigenen goldenen Mittelweg zu finden

Um bei diesem Bild zu bleiben: Wenn ich nur braune Eier mag und keine weissen, nur Aktien und keine Obligationen – kann ich nicht einfach bei einer Anlageklasse bleiben und dort «breit streuen»? 

Das kann man machen – und es hat sich auch schon ausgezahlt. Ein Verhältnis von 40 Prozent Aktien zu 60 Prozent Obligationen ist aber in der Schweiz der Goldstandard fürs Portfolio, da dieser Mix die höchste risikoadjustierte Rendite bringt. Der Grund: Meistens stehen Aktien und Obligationen in einer für Anleger günstigen Wechselbeziehung – wir nennen sie «negative Korrelation». In einer Krise entwickeln sich die Aktienmärkte in der Regel schwach, die Zinsen sinken und dadurch steigen die Anleihenkurse. Im Aufschwung ist es gerade umgekehrt. Genau das machen wir uns zunutze, denn es schafft Balance im Portfolio. Vielleicht hilft hier ein Vergleich mit dem Garten: Wenn ich nur Pflanzen setze, die wenig Regen bevorzugen, habe ich bei viel Regen ein Problem, weil gar nichts mehr wächst. Wenn ich hingegen auch noch Regenliebhaber setze, wächst bei jedem Wetter etwas. Die einen wachsen dann besser, wenn die anderen gerade leiden. Negative Korrelation.

Aktien wie Obligationen haben 2022 im Gleichschritt gelitten

2022 ist das aber nicht wirklich aufgegangen, oder? Da ist ein Wirbelsturm durch den Garten der Wertanlagen gefegt.

Das letzte Jahr war tatsächlich extrem. Selbst sorgfältigste Diversifikation vermochte ein Portfolio im Jahr 2022 nicht vor schmerzlichen Verlusten zu schützen. Die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen war nämlich ausnahmsweise positiv – beide Anlageklassen haben im Gleichschritt und stark gelitten. Der international sehr populäre 60/40-Mix mit 60 Prozent Aktien hat 2022 gar die schlechteste Rendite in über 100 Jahren erwirtschaftet. Solche Korrelationsschocks kommen aber sehr selten vor und sind in der Regel nicht von Dauer. Möglicherweise ist die Situation auch bereits ausgestanden. Anleihen ermöglichen dank der gestiegenen Zinsen wieder positive Renditen. Die Zinsen sind jedoch auch nicht so hoch, dass Aktien darunter leiden würden. Der US-Ökonom Harry Markowitz sagte sehr treffend, die Diversifikation sei der einzige «free lunch», also ein kostenloser Mehrwert. Wenn wir geschickt diversifizieren, können wir auf lange Sicht Risiken reduzieren, ohne damit Renditechancen einzubüssen.

Lässt sich der Ansatz denn noch ausbauen, mit noch mehr Vielfalt bei den Anlagen?

Das 40-60-Portfolio dient grundsätzlich als Basis, respektive Ausgangspunkt, um die eigene Anlagestrategie zu verfeinern. Dazu gesellt sich dann die Kategorie der alternativen Anlagen. Die ausgewogene Strategie bei der BEKB enthält 40 Prozent Aktien, 43 Prozent Obligationen, 14 Prozent alternative Anlagen und 3 Prozent Liquidität. Gold, Immobilien oder Sammlerstücke – wie wertvolle Uhren, Kunst und Oldtimer – gehören zu den erwähnten «Alternativen». Auch dort gilt, dass Anleger ihre Risiken breiter streuen können. Einer vergriffenen Luxusuhr von den Grosseltern etwa ist es egal, wie es gerade um den Schweizer Aktienmarkt oder den US-Obligationenmarkt steht. Sie ist ein seltenes, wertvolles Fabrikat, das tendenziell an Wert zulegt. Zudem finden sich für die Uhr weltweit viele mögliche Abnehmer, wenn man sie einmal zu Geld machen möchte. Und Gold, zum Beispiel als Goldvreneli, legt meistens dann an Wert zu, wenn auf den Märkten die grosse Rezessionsangst umgeht. 

 

Publikationsdatum: 28.02.2023

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